Roger Waters – The Dark Side of the Moon. Der Versuch einer objektiven Rezension.
Von Oskar G.
Nun ist sie endlich da, die neue Dark Side, der Stein des Anstoßes, die Watschen an die alten Band-Mates und an alle, die bisher geglaubt hatten das Album und seine Botschaft verstanden zu haben.
Im Großen und Ganzen handelt es sich einerseits um eine komplette Stripped-Down-Version des kompletten Albums (ein bisschen so a lá U2 „Sounds of Surrender“, nur zum Glück viel kürzer), so ziemlich im Stil und Sound der „Lockdown Sessions“, die Band ist ja auch dieselbe…
Ja, der Sound erinnert auch stark an „Ist this the life…“. Es wirkt ein bisschen so, als habe Roger Waters mit seiner neuen Band und seinen neuen „Beratern“ Nigel Goodrich und Gus Seyfert seinen Sound des Alters gefunden.
Das Album und sein Sound kommen sehr elegant und natürlich exzellent produziert daher. Im Laufe des Albums gibt es durchaus Momente, die diese neue Redux-Version rechtfertigen, wie z. B. akustische Gitarrenphrasen, gesprenkelte Hammond-Sounds, Theremin-Soli und zum Beispiel kuriose Vocals? Effekte? In Great Gig in the Sky.
Allerdings ist das Album auch unweigerlich durch eine „Ver-Roger-ung“ charakterisiert, die niemand geringeren als Roger Himself in den Mittelpunkt des Albums rückt. Ich meine damit nicht, dass er alle Songs singt/spricht (das teilweise gar nicht mal soooo schlecht), sondern dass die neuen Text-Passagen einfach nur extrem egozentrisch und selbstreferenziell platziert sind, dass sich mir persönlich der Zusammenhang mit dem Konzept und Sinn von Dark Side of the Moon nicht erschließt.
Während in Speak to Me der Text zu Free Four ja wirklich passend ist (stammt ja schließlich auch aus jener Zeit), kapiere ich die Erzählung des Traums während „On the run“ oder des Gedichts während „Money“ einfach nicht. Ebenso die Erzählung über den Tod seines Freundes Don Hall während Great Gig in the Sky verstehe ich nicht… Was haben diese neuen
Passagen einmal und Gott mit dem Sinn von Dark Side of the Moon zu tun? Ich empfinde die Geschichte zu persönlich im Vergleich der allgemeineren „Botschaft“ des Originals.
Aber wahrscheinlich bin ich zu blöd für Rogers Intellekt und Poesie und habe die Erleuchtung nicht verdient. Das Nicht-Verstehen bezieht sich übrigens auch auf das Cover: Was hat bitte eine Stafford-Shire namens Bob mit dem Konzept von Dark Side zu tun?
Während ich aber einige Tracks, wie z. B. Speak to me/Breathe, Time oder Us and Them recht gelungen finde, fallen eben jene Tracks, wo die Musik wirklich nur noch Hintergrundgedudel für Rogers Erzählung ist (On the run → so gut wie inexistent im Mix; Great gig in the sky → es fehlt komplett die Dynamik des Originals) total unten durch, auch gerade WEIL der neue Text einfach nicht passt … Any colour you like geht ja grad noch, da spielt er zumindest selber Bass und spricht von Farben und Rainbow … damit kann ich ja grad noch was anfangen.
Im Fazit sieht es dann eben so aus, dass das Album weitaus weniger spektakulär ausfällt, als von Roger prognostiziert. Das Album ist am Stück … mit Verlaub … langweilig. Einzelne gelungen neue Arrangements können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es gar nicht mal die „Auslöschung“ der Beiträge seiner ehemaligen Band-mates ist, die dem Album schlecht tut, sondern die Vereinnahmung der musikalischen Beiträge durch Rogers Stimme und philosophischer Ergüsse, die nur er versteht (ach nein, ich bin es ja der zu blöd ist). Zuviel Selbstgefälligkeit. Zuviel Selbstüberschätzung.
Würde mich nicht wundern, wenn wir einige der Text-Passagen auch im Audiobook seiner künftigen Autobiografie finden würden.
Auf jeden Fall die originellste und interessanteste Idee des 50-jährigen Dark Side of the Moon
Sehr gelungen, diese Rezension! Die Ich-Bezogenheit, von der Oskar spricht, ist eigentlich fast noch besser in dem 20 minütigen ‘Erklärvideo’ dokumentiert, welches Roger Waters erst kürzlich auf yt gepostet hat. Überhöhtes Ego oder verletzte Seele, das ist die Frage, die sich mir hier stellt.
Sehr nachvollziehbar und treffend beschrieben. Mit dem letzten Satz ist Dir noch eine Watsche gegen die Machenschaften der verbliebenen Floyds gelungen , die sich mit dem Feiern der Scheibe im Bereich „Gut gemeint ist nicht gut gemacht“ befinden. Hoffen wir, dass David uns das alles bald vergessen lässt und nochmal richtig einen raushaut.
Für Roger steht halt der Text über alles, nicht aber die Noten. Für mich als Konsument und Hörer steht aber die Musik im Vordergrund. Und um meinen persönlichen Standpunkt zu untermauern habe ich mir DSOTM im Original, den Early-Mix, Pulse-Version und den zuletzt erschienenen Jubiläums-Live-Mix von Pink Floyd angehört. Jede Variante ist ein Juweel. Es gibt beim Zuhören immer noch Gänsehaut Momente. Es ist mir auch nach 50 Jahren immer noch völlig egal wer welchen Beitrag an DSOTM geleistet hat. Für mich zählt das Gesamtergebis. Und das ist sehr sehr gut. Die Redux Version ist langweilig. Ich kann damit nichts anfangen. Auch die reduzierte Conf. Numb Version ist für mein Hörempfinden ein Langweiler, aber als Intro gerade noch akzeptabel. Ich persönlich hätte mir da lieber eine Überarbeitung von Radio Kaos gewünscht. Der Synthi Sound … na ja … ich mag ihn nicht.
Irgendwo habe ich mal in einem Interview (Ich meine, es war Steve O’Rourke) gelesen, dass der wesentliche Unterschied zwischen Waters und Gilmour der sei, dass Waters 10mal das gleiche Musikstück verwenden könne, nur halt mit neuem Text, während Gilmour 10mal auch den gleichen Text zu jeweils anderer Musik singen würde. Ich denke, das fasst es ziemlich gut zusammen. Und Waters hat anscheinend nie verwunden, dass die Texte in der breiten Masse immer nur die zweite Geige gespielt haben und das Publikum eher bereit war, Pink Floyd Musik mit schwächeren Texten zu akzeptieren als Roger Waters Musik mit zumindest bis Amused To Death besseren Texten.
Aber geschenkt, ich stimme der Rezension weitgehend zu, ich finde auch Us & Them mit am besten gelungen und höre es mir ggf. nochmal an. Den Rest des Albums werde ich mir auf ewig schenken.
Der Rezension kann ich zu 100% zustimmen,. Das Album enthält keine Überraschungen und ist schlicht langweilig. Vor allem das Dauergelaber nervt ohne Ende. Wenn er predigen will, soll er es doch so machen wie Neal Morse. Mir hat sein neuer Stil bei den Locked Down Sessions durchaus gefallen. Aber eines der größten Alben aller Zeiten zu zerstückeln, na ja. Während die meisten Titel noch gerade so anhörbar sind, ist Money schlicht furchtbar.
Ja, ein Vergleich zu den Lockdown-Sessions und zu “Is this the Life…” ist da, zumindest musikalisch. Und ich mag beides sehr.
Aber DSOTM ist irgendwie düsterer, und der Sprechgesang geht IMO gar nicht.
Auch ich schließe mich dieser Sichtweise weitgehend an. Mein erster Kommenar war eben auch: langweilig, einfach nur langweilig. So langweilig, dass ich mir nicht ein einziges Stück mehr anhören werde. Für mich gibt es keine Highlights. “Is This The Life…” gefiel mir weitgehend sehr gut, v.a. “Smell The Roses” und “Picture That”. Die beiden Alben zu vergleichen, verbietet sich aus meiner Sicht. Hat nichts miteinander zu tun. Der einzige wesentliche Punkt, in dem ich mit der Rezension nicht übereinstimme.
Dass man Texte auf DSOTM Redux teilweise nicht versteht oder nicht verstehen kann, unterstreicht den künstlerischen Anspruch von Waters. Ich habe das Gefühl, ja, ich unterstelle, dass er da ein möglichst sperriges und schwer verdauliches Werk kreieren wollte – sowohl in musikalischer wie in textlicher Hinsicht. Bei einem Film würde man von einem völlig überflüssigen Remake sprechen.
Dieses Album hat Potential, sein Schaffen zu zerstören. Die Kritiken sind desaströs. Da hätte er mal die Finger von gelassen. Ich werde sie nicht kaufen und bin schwer enttäuscht.
Wie kann ein Album ein „Schaffen“ zerstören bzw. was soll das eigentlich heißen?
Weil ein Album bei der breiten Masse ganz schlecht ankommt, ist alles Vorangegangene wertlos? Falls du das meinst – wo ist da die Logik dahinter?
Es gibt auch sehr positive Kritiken, z.B. The Telegraph.
Mir persönlich sagt es auch nicht zu, es ist mir in Summe zu langweilig. Aber es ist trotzdem ein hochinteressanter Versuch und wie man auch hier sieht, beschäftigt es offenbar Viele.
Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass sich mindestens die Hälfte Deiner Beiträge mit der Semantik anderer Beiträge auseinandersetzt, um es einmal vorsichtig zu formulieren. Ich persönlich brauch’ das nicht, aber jeder hier im P&S Forum mag dies natürlich für sich selbst entscheiden … 😉
Das sehe ich tatsächlich auch mal so. Ich werde es mir mit Sicherheit nicht mehr anhören, aber das verändert doch nichts an der Qualität des Originals. Ich verabscheue Waters aktuelle Äußerungen zur Ukraine, zu Israel etc, trotzdem mindert das ja nicht die Qualität seiner Werke bis zu einem gewissen Zeitpunkt (“Is this the Life..” fand und finde ich nichtssagend).
Pink Floyd haben ja auch nicht ihr Schaffen durch “Endless River” zerstört, obwohl die Meinungen hierüber – diplomatisch gesprochen – ausgesprochen geteilt ausgefallen waren.
Ich meinte auch Potential, nicht das es zutrifft. Er kommt in den Medien allgemein nicht mehr gut weg. Schlimme Kommentare. Ich persönlich bleibe immer Fan. Hätte er hier richtig was raus gerissen. Ist leider nicht, weder für alte oder neue Fans.
Ja, da kommt man/frau ja fast ins Stottern, wenn man/frau sich jetzt für jeden Beitrag (bzw. dessen Semantik) rechtfertigen muss. Sorry, das musste ich jetzt einfach einmal ablassen … 😉
Mojo Magazine 80%, The Telegraph 80%, Classic Rock Magazine 80% …. die Liste lässt sich fortführen. Die Kritiken sind außerhalb der deutschen Presse alles andere als desaströs.
Auch die Verkaufszahlen scheinen zu passen, in UK auf 4 eingestiegen, auch in DE trotz der gewollt negativen Berichterstattung auf Platz 3.
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