The Machine 26.10.2004 Mannheim, Rosengarten
Bericht von Hans-Jürgen Müller
Der Löwe von MGM (Metro-Goldwyn-Mayer) erscheint brüllend auf der Leinwand. Ich rutsche tiefer in meinen Kinosessel, um die bequemste Stellung zu finden. Jetzt läuft der Vorspann zu “The Wizard Of Oz” an … doch was ist das? Eine Tonstörung? Man hört das Brüllen des Löwen nicht und auch keine Musik zum Vorspann!
Da streikt wohl die komplette Tonanlage … doch nein! Ganz leise hört man ein Pochen: Bum-bum, bum-bum, bum-bum …
Mir wird klar, dass dies kein Kino ist, sondern ein Konzertsaal und gerade die Pink Floyd Coverband “The Machine” die Bühne des Rosengartens in Mannheim betreten hat. Pünktlich (20:01 Uhr!) wie zu seligen Pink Floyd-Zeiten beginnt das Intro zu dem zeitlosen Epos “The Dark Side Of The Moon”. Über der Bühne schwebt wie ein riesiges Auge eine ellipsenförmige Leinwand, die von Vari-Lites umrandet ist – und auf dieser Leinwand läuft “The Wizard Of Oz” synchron zur kompletten Aufführung von “The Dark Side Of The Moon”. Ganz nette Idee, aber glaubt eigentlich wirklich jemand, dass Waters dieses Werk an den Film angeglichen hat?! Wohl kaum ernsthaft! Abgesehen davon, dass durch die Form der Leinwand nur ca. 2/3 des Bildes sichtbar ist, lenkt der Film zumindest mich sehr von der Musik ab (oder war das etwa Absicht?). Hin und wieder gleitet mein Blick dann doch auf die Leinwand, aber ich kann und will diesen Zusammenhang zwischen Musik und Film nicht herstellen.
Für mich persönlich ist “The Dark Side Of The Moon” noch nie der absolute Liebling gewesen und durch das oftmalige Hören wünscht man sich doch mal andere Songs in einem Live-Set. Trotzdem hat mir insbesondere der Jam im Mittelteil von “Money” und das erstaunlich kraftvolle “Any Colour You Like” gefallen. Die große Bühne im Rosengarten wirkt fast etwas zu üppig für die 4 Musiker. Ein relativ spartanischer Bühnenaufbau sorgt dafür, dass z.B. der Bassist fast verloren auf seiner Seite steht. Die Leinwand mit den Vari-Lites und ein paar farbige Strahler über der Bühne sorgen für relativ wenig spektakuläre Lichteffekte. Nach rund 50 Minuten geht es dann in die Pause und ich bin endlich von “The Wizard Of Oz” erlöst!
Im zweiten Teil werden erwartungsgemäß Songs von “The Wall” dargeboten. Dabei sind auf der Leinwand die entsprechenden Passagen aus der Film “The Wall” zu sehen. Etwas unverständlich ist für mich die teilweise nicht chronologische Reihenfolge der Songs und deren Auswahl. Letztendlich wird dann gespielt (in Anlehnung an die 4 LP-Seiten):
Seite 1 = komplett (aber nicht chronologisch)
Seite 2 = teilweise (auch nicht chronologisch)
Seite 3 = komplett (chronologisch)
Seite 4 = gar nicht (mit Ausnahme von “Run Like Hell” bei den Zugaben)
Der Abschluss ist natürlich “Comfortably Numb”, von dem ich aber nicht so richtig überzeugt bin. Irgendwie fehlt da der letzte Biss … nach 55 Minuten ist dann der zweite Teil abgeschlossen und die Band verschwindet kurz hinter der Bühne.
Danach gibt es noch eine 50-minütige Zugabe: Und da kommen (zumindest für mich) erst die wirklich tollen Songs! Zuerst ein halbes “Echoes”: Warum dies nur bis zum Mittelteil gespielt wird, ist mir unverständlich. Ich hatte mich schon so auf den GANZEN Song gefreut. Aber trotzdem ist es schön, dies mal wieder live zu hören. Auch “Pigs On The Wing (Part 1)” ist klasse und natürlich dann “Dogs”. Das ist mit Sicherheit der beste Song des Abends, mit einem wirklich krachenden Finale! “Wish You Were Here” ist gut gespielt, aber nicht sonderlich spektakulär, hat aber ein interessantes Intro. Der Abschluss ist dann der legendäre Abräumer “Run Like Hell”! Gegen 23:00 Uhr ist dann das Ende der Vorstellung erreicht.
Alles in allem hat mir das Konzert ganz gut gefallen, aber es war in meinen Augen auch nicht überragend. Die reine Spielzeit von 155 Minuten ist allerdings wirklich lobenswert.
Der Drummer und der Bassist waren sehr gut und haben in aller Ruhe ihren Part ausgefüllt. Der Gitarrist und Sänger war im stimmlichen Bereich teilweise doch überfordert und es klang in den höheren Lagen manchmal etwas gequält … und dass sich das Gitarrenspiel nicht mit Gilmour vergleichen konnte, ist ja wohl außer Frage! Ja, und der Keyboarder: Der hat vielleicht genervt! Ein theatralisches Rumgehampele hat der an den Tag gelegt – unglaublich! Das sah alles so bemüht aus und nach dem Motto: “Kuckt mal alle, ich bin ein toller Rockstar!”. Zusätzlich gab es bei einigen Songs noch eine Backgroundsängerin, die letztlich stimmlich sehr gut war, aber nicht die Klasse und Power der Backgroundsängerin von APFS (Australian Pink Floyd Show) erreicht hat. Und für die Songs mit Saxophon stand dann unser guter alter Freund aus der Band von Rogers Welttour 2002, Norbert Stachel, auf der Bühne, der souverän wie eh und je seinen Part gespielt hat.
Die Vari-Lites an der Leinwand, die diverse Farben und Formen hervor gezaubert haben, wurden irgendwie seltsam planlos eingesetzt. Nur in wenigen Fällen stand dies im Einklang mit der Musik. Also oftmals irgendwelche optische Effekte, die aber letztendlich nicht die Musik unterstützt haben. Das hätte man wirklich besser machen können!
Insgesamt hat mir (auch im Gegensatz zur APFS) dieser gewisse Humor, die Selbstironie und die “Leichtigkeit” der Show gefehlt. Sicher, es war alles nicht schlecht, aber irgendwie bin ich mit der ganzen Show nicht “warm geworden”. Vielleicht lag dies aber auch an der meines Erachtens unter dem Aspekt “Sicherheit” erstellten Set-List, die halt keine selteneren Songs enthielt, sondern das Gängige, bei dem man nichts falsch machen kann. Auch hier (wie leider auch bei APFS) hat der Mut gefehlt, mal eigene Versionen der bekannten Songs zu spielen. Es wurden leider nur wie sattsam bekannten Versionen dargeboten.
Trotzdem war es ein gelungener Abend (mal abgesehen von dem Handy-Freak neben mir) und schön, den einen oder anderen Song mal wieder live zu hören.
Band:
Todd Cohen – Schlagzeug, Gesang
Joe Pascarell – Gitarre, Gesang
Ryan Ball – Bass, Gesang
Neil Alexander – Keyboards, Gesang
Norbert Stachel – Saxofon
Songliste:
Set 1: 01. Speak To Me 02. Breathe 03. Time 04. On The Run 05. Breathe Reprise 06. A Great Gig in the Sky 07. Money (Norbert Stachel) 08. Us An Them (Norbert Stachel) 09. Any Colour you like 10. Brain Damage 11. Eclipse | Set 2: 12. In The Flesh? 13. The Thin Ice 14. Another Brick In The Wall (1.) 15. The Happiest Days Of Our Lives 16. Another Brick In The Wall (2.) 17. Another Brick In The Wall (3.) 18. Goodbye Cruel World 19. Mother 20. Empty Spaces 21. What Shall We Do Now? 22. Young Lust 23. Hey You 24. Is There Anybody Out There? 25. Nobody Home 26. Vera 27. Bring The Boys Back Home 28. Comfortably Numb Zugaben: 29. Echoes (I) (bis zum Mittelteil) 30. Pigs On The Wing (I) 31. Dogs 32. Wish You Were Here 33. Run Like Hell |