Pink Floyd 18.6.1989 Köln, Müngersdorfer Stadion

Pink Floyd "Momentary" 1989 Tour

Von Arne Sigge

Noch 72 Tage, 11 Stunden und 17 Minuten bis zum Konzert! 18. Juni 1989, 18 Uhr, Köln, Müngersdorfer Stadion vor gut 20 Jahren.

Noch drei Stunden bis zu meinem ersten Pink Floyd Konzert, meinem ersten Stadionkonzert, meinem ersten Konzert überhaupt. Hier stand ich nun, 16 Jahre alt, zusammen mit drei Schulfreunden in der knallenden Sonne und wartete voller Vorfreude. Seit Monaten fieberten wir diesem Ereignis entgegen. Kritzelten ständig Dinge wie “noch 72 Tage, 11 Stunden und 17 Minuten bis zum Konzert” auf das Schulmobiliar. Ein paar Monate zuvor hatte mich ein Freund mit in den Film “The Wall” geschleppt, der in der Kamera, einem Bielefelder Programmkino lief. Der Film haute mich um. Als ich dann ein paar Tage später das Album “The Wall” hörte, war ich ein zweites Mal platt: Das war nicht einfach eine Aneinanderreihung von Songs, kein Soundtrack, das war die akustische Version des Films, die deutlich VOR dem Film entstanden ist. Von da an war im vom Pink Floyd Virus infiziert.

Projekt 18.06.89

Es war Ende 1988 und folgerichtig kaufte ich mir als erstes A Momentary Lapse Of Reason, gefolgt von Delicate Sound Of Thunder. Als die 89er-Konzerte angekündigt wurden stand für mich fest: Da muss ich hin! Mit drei gleichgesinnten Schulfreunden machten wir uns an das Projekt 18.06.89.

Die Tickets mussten wir uns per Telefon besorge. Nach tagelangen erfolglosen Versuchen in der Warteschlange kam einer von uns durch und bestellte vier Innenraumtickets, für knapp 50 DM das Stück, die dann per Nachnahme geliefert wurden. Den ursprünglichen Plan, einem Oberstufenschüler ebenfalls eine Karte zu kaufen, damit er uns die 200km von Bielefeld nach Köln fährt, fanden unsere Eltern dann doch nicht so toll. So erbarmte sich ein Vater und fuhr uns an diesem Sonntag, an dem auch Europawahl war, nach Köln um uns nach dem Konzert wieder einzusammeln.

Nun standen wir im Stadion, am Ende des ersten Drittels des Innenraums, ziemlich mittig und warteten. Ohne die heute übliche Youtube-/Internet-“Informationsdusche” blieb viel Raum für Spekulationen über die Show. Außerhalb des Stadions war gegenüber der Bühne ein riesiger Kran aufgestellt, von dem ein Stahlseil Richtung rechtem Boxenturm gespannt war. An diesem Seil sollte später ein Bett über das Publikum fliegen und das berühmte Schwein hängen. Soviel wussten wir schon. Etwa eine halbe Stunde vor Konzertbeginn fingen Rasenmäher, Frösche, Fußstapfen und Vögel an uns von allen Seiten auf das Konzert vorzubereiten.

21.03. Uhr Die bunten Vorhänge fallen von den Lautsprechertürmen herab. Keyboardklänge und Kunstnebel wabern von der Bühne. Nach einer gefühlten Unendlichkeit schnitten sich dadurch dann die ersten Gitarren-Akkorde von “Shine On You Crazy Diamond“. Wow, jetzt waren wir tatsächlich dabei!

Nach “Learning to Fly” begrüßte uns David mit “Dankeschön, Guten Abend… wie geht’s?”, kündigte Songs vom aktuellen Album in der ersten Hälfte und “old favourits” für die zweite Hälfte an und fügte hinzu. “I hope it will be dark soon so that you can see our famouslaser-drum-sticks!” Der Mann hatte Probleme…

Das Konzert ging weiter, es wurde dunkler und die (Light-)show immer unglaublicher: Laser, fliegende Betten und Schweine, eine Discokugel, die sich wie eine Blüte über dem Drummer öffnet, dazu die zahlreichen Filme auf Mr. Screen. Besonders in Erinnerung ist mir das Wechselspiel der beiden Floydroiden im Mittelteil von Money geblieben als sich Gilmour und die Background-Sängerinnen eine Schlagabtausch lieferten. Aus heutiger Sicht allerdings einer der musikalisch fragwürdigeren Momente dieser Tour.

Ein weiteres Highlight war “Welcome to the Machine” inklusive des beeindruckenden Films. Ich kannte den Song, geschweige denn den Film bis zu diesem Moment nicht. Wie auch, schließlich war er nicht auf Delicate Sound of Thunder drauf! Diese Naivität mag man aus heutiger Sicht belächeln. Für mich führte diese Unwissenheit zu einem unglaublichen Erlebnis, dass ich nur annähernd zwei weitere Male auf Konzerten erlebte. 1994 in Hannover als uns klar wurde, dass Dark Side Of The Moon offensichtlich gerade komplett gespielt wurde und 2006 im Konzerthaus Dortmund, als ein kaum hörbares “Ping” gut zwanzig unvergessliche Minuten einleitete.

Die Show fand ihren krönenden Abschluss mit Comfortably Numb und dem optischen Gewitter von “Run Like Hell”. Danach waren wir erstmal sprachlos. Nur einer meiner Freunde fasste zusammen: “Das wars…, mehr geht nicht…, noch einen dürfen sie jetzt nicht spielen…”. Mehr gab es auch erst mal nicht zu sagen.

Der Weg aus dem Stadion dauerte eine ganze Weile. Danach mussten wir uns noch zu dem verabredeten Treffpunkt mit dem Vater unseres Freundes durchkämpfen. Auf dem Weg dahin kauften wir von Straßenhändlern noch ein paar Poster für 5 DM pro Stück.

Rückblickend bin ich noch immer von diesem Show Erlebnis fasziniert. Es war egal, dass wir die Musiker kaum sahen. Diese Show funktionierte auch in einem Stadion ohne Großbildleinwände mit Live-Projektionen der Musiker in Nahaufnahme. Der Sound war glasklar und laut, die Lightshow war an der Grenze des damals technisch machbaren und ist bis heute in vielen Aspekten immer noch ein Maßstab, der höchstens von andern Pink Floyd oder Waters-/Gilmour- Konzerten übertroffen wurde.

Mein nächstes Konzert sah ich in der Westfalenhalle Dortmund: Dire Straits. Während alle um mich herum schwärmten, fand ich das Konzert auch sehr gut, den Sound aber matschig, die Lightshow ok, aber mehr nicht. Pink Floyd haben mich und meine Ansprüche (im positiven Sinne) verdorben….

Fünf Jahre später, Köln, Müngersdorfer Stadion. Rasenmäher und Frösche kreisen um uns. Die Geschichte wiederholt sich. Diesmal zusammen mit meinem fünf Jahre jüngeren Bruder, der sein erstes Pink Floyd Konzert erlebt: Konzertbericht Pink Floyd, Köln 1994.


Konzert-Statistik

  • Spielstätte: Müngersdorfer Stadion (bis 2001)
  • Plätze: 50.000
  • Adresse: Aachener Straße 999, 50933 Köln
  • Tickets: 45 bis 52 DM
  • Einlass: 17:00 Uhr | Showtime: 21:00 Uhr

Pink Floyd:

  • David Gilmour: Guitars, Vocals
  • Nick Mason: Drums
  • Richard Wright: Keyboard, Vocals

With:

  • Jon Carin: Keyboards, Vocals
  • Tim Renwick: Guitars, Vocals
  • Guy Pratt: Bass, Vocals
  • Gary Wallis: Percussion
  • Scott Page: Saxophones, Guitar
  • Durga McBroom: Backing vocals
  • Rachel Fury: Backing vocals
  • Lorelei McBroom: Backing vocals

Songliste:

Set 1:

  1. Shine on You Crazy Diamond (Parts 1-5)
  2. Signs of Life
  3. Learning to Fly
  4. Yet Another Movie
  5. Round and Around
  6. A New Machine (Part 1)
  7. Terminal Frost
  8. A New Machine (Part 2)
  9. Sorrow
  10. The Dogs of War
  11. On the Turning Away

Set 2:

  1. One of These Days
  2. Time
  3. On the Run
  4. The Great Gig in the Sky
  5. Wish You Were Here
  6. Welcome to the Machine
  7. Us and Them
  8. Money
  9. Another Brick in the Wall (Part 2)
  10. Comfortably Numb

Encores:

  1. One Slip
  2. Run Like Hell

12 Antworten

  1. Avatar Uwe sagt:

    Schöner Bericht. Erinnerungen werden wach 😉

  2. Avatar Tonizzo Johny sagt:

    Ich war auch dabei, es ist unglaublich wie genau du meine Erinnerung an dieses einzigartige Konzert beschreibst.
    Ich habe nie wieder ein solches Konzert gesehen und ich habe viele gesehen.
    Gibt es Photos von diesen Konzert?

    Danke Gruss,

    Johny,

    • Avatar Ralph Berg sagt:

      Danke für den schönen Flashback, Arne…

      Johny, habe danach einen Bestellschein für Fotos bekommen, damit die Bilder bestellt, die sehr professionell waren, die ich aber leider nicht mehr besitze… schade !!! Wie der Fotograf bzw. die Firma hieß, kann ich Dir leider nicht mehr sagen, ´ne schöne Jross us Kölle… Ralph

  3. Avatar Klaus sagt:

    Hey – toller Bericht – und was soll ich sagen… ich war auch da!
    Den Moment, den Du bei 21:03 beschreibst – die Erinnerung daran treibt mir heute noch Gänsehaut über den Körper. Einer der Highlight Momente, die man nie vergisst..

  4. Avatar Piet Pauwelen sagt:

    ich war auch dabei…
    Eigentlich hatten wir damals die identischen Plätze und ich war auch in Deinem (Euren) Alter.
    Es war einfach ein unvergleichbares Erlebnis von dem ich noch lange zehren werde.

  5. Avatar Wolfgang Busse sagt:

    Habe das Konzert in Hannover gesehen; als Ordner direkt vor der Bühne.. Es war kein Konzert sondern ein Erlebnis das ich mein lebenlang nicht vergessen werde.

  6. Avatar Manfred Manteuffel sagt:

    Ich war 2 Tage davor in Hamburg…genau wie du beschrieben hast….der Hammer wie die bunten Vorhänge fiehlen und i h den größten Lautsprecherturm seit Menschengedenke zu sehen bekam….UNGLAUBLICH!

  7. Avatar Olaf sagt:

    War ein geiles Konzert…sehr warm an dem Abend…wenn ich mich recht erinnere sind bei Welcome to the machine einige Zuschauer kollabiert…war sehr viel auf einmal
    Heute vor 33 Jahren, seit 21 Uhr läuft bei mir der Bootleg

  8. Avatar Joachim sagt:

    Ich war auch dort, eines hast du vergessen, den Hubschrauber am Anfang in dem ganzen “Vorspiel” nach dem sich alle umgedreht haben, nur das am Himmel keiner einen Hubschrauber sehen konnte. Quadrophonie eben, sie war es wohl die diesen Konzertbesuch für mich zu einem unvergesslichen Ereignis machte, so wie das man im 10Hz Tiefbassbereich unterwegs war bei Dogs of War, der einem die Hosenbeine flattern lies.
    Ich habe sie zwei weitere male gesehen in 1994, erst in Hockenheim was mich aber vom Sound ein wenig enttäuscht hat und dann in Rotterdam was der absolute Hammer war.

  9. Avatar Thomas sagt:

    Und ich war auch dabei. Es war einfach mega. Mein 2. Pink Floyd Konzert. 3 weitere sollten noch folgen . Hast Du noch Interesse an alten Zeitungsartikeln von den Konzerten?

  10. Avatar Hendrik sagt:

    war dabei – und es war mega!!
    Am 14.10. 2024 bin ih in der Royal Albert Hall und freue mich wie ein Kind

  11. Avatar Martin sagt:

    Ich war auch dabei 😀
    Aber tatsächlich fand ich es nicht so umwerfend, was wohl daran lag, dass ich keine 16 sondern 26 Jahre jung war. Ich empfand das Konzert zu glatt und sauber. Hatte im Laufe der Jahre dann doch bessere Konzerte (Zappa, Prince …) gesehen. Nichtsdestotrotz war es geil, die Band zu sehen, die Musik live zu hören, die ich schon als 11 jähriger, vorzugsweise beim Einschlafen im Kinderzimmer, genoss. Pink Floyd ist eine der Bands, welche meinen Musikgeschmack prägte – bis heute!

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