Roger Waters über neues Album, Radio Kaos und The Wall

28.5.2012: Warum es von der Radio Kaos Tour keinen Film gibt? Sind weitere Immersions Boxen geplant? Arbeitet Roger Waters an einem neuen Album? All diese Fragen und vieles mehr beantwortete er in einem vierstündigem Interview (!!) von Jim Ladd.

Waters bestätigte außerdem, dass das The Wall Musical weiterhin in Planung ist. Zusammen mit seinem Freund Lee Hall (Billy Elliot) hat er bereits die 5. Fassung davon geschrieben. Derzeit steht das Projekt aber still, weil er mit seiner aktuellen Tour zu sehr beschäftigt ist.

Eine der witzigsten Phasen des langen Gesprächs war, als er gegen ende über “Facebook” sprach. Waters stellte er klar, dass für ihn dieses ganze soziale Netzwerkzeug ein einziger “Bullshit” ist. Vergeudete Zeit, die damit verbracht wird vor dem Monitor zu sitzen und irgendetwas zu “posten” anstatt einen Freund anzurufen und mit ihm ins Pub zu gehen. Er hat auch versucht sich den Film über Facebook-Gründer Mark Zuckerberg anzusehen, kam aber zum Schluss “who gives a fuck”.

Das Interview streifte noch viele andere Bereiche insbesondere auch sehr politische Themen. Ich kann hier nur einige Auszüge dieses umfassenden Gesprächs anreißen.

Roger Waters Interview von Jim Ladd Sirius XM, 17.5.2012

The Wall Live

Vor 32 Jahren fand die “The Wall Live” Premiere hier in Los Angeles statt. Es muss für dich sehr befriedigend sein, das heute noch Millionen von Menschen, überall auf der Welt, diese Show sehen wollen. Was denkst du darüber?

Roger Waters: Früher war ich der Meinung, dass sich The Wall um mich, meinen Vater und den 2. Weltkrieg handelt. Nach den vielen Jahren und speziell seit ich diese Show zusammengestellt habe, realisiere ich aber, dass die Geschichte noch viel universeller ist. Es geht um uns alle, es geht um die Verbindungen zwischen uns und unseren Familien und um all die Probleme, die wir mit den Frauen und Männer haben, die wir als unsere Partner auswählen, und unsere emotionale Dummheit, bis wir dann bei der zweiten oder dritten Wahl alles richtig gemacht haben. Es ist also viel allgemeiner. Das so viele Menschen kommen um die Konzerte zu sehen, dass macht mich sehr glücklich!

Man will eigentlich bei dieser Show nicht ganz vorne sitzen. Es ist besser irgendwo in der Mitte zu sitzen.

Roger Waters: Ja irgendwo weiter hinten wo man das ganze überblicken kann. Es gibt etwas daran, dass mir gefällt! Der Typ der seine Sekretärin damit beauftragt, mit seiner American Express Karte alles zu kaufen was in die Stadt kommt. Natürlich will er immer die besten Plätze, in der vorderster Reihe. Es gibt da einen kleinen bösartigen Teil in mir, der sich darüber freut, dass er in der vordersten Reihe nur das sieht was auf meiner Nase sitzt. (lacht) Und die anderen die sagen: „Kann ich mir das überhaupt leisten, was kosten die Karten?“. Die weiter hinten sitzen, genau die bekommen aber dadurch eine aufregend Show zu sehen! Das macht mir Freude.

Was denkst du heute über „Radio Kaos“?

Roger Waters: Ich denke, dass es thematisch und von der Konstruktion her immer noch mithält. Wir, Ian Ritchie der mit mir damals daran arbeitete, sind vielleicht etwas zu weit gegangen um es modern klingen zu lassen. Wenn ich es heute wieder machen müsste, würde ich es von der Produktionsseite her anders gestalten.

Aber die Tour damals, mit dir und der Band, dass war fabelhaft. Erinnerst du dich noch daran, als du in der Pause DJ Charakter geblieben bist und weiter Platten aufgelegt und Ansagen gemacht hast. Und dann kam ich in dein kleines Studio und nahm Fragen aus dem Publikum entgegen. Die Leute riefen von einer Telefonzelle, die wir in der Arena aufgestellt hatten, aus an. Eine wirklich noble Idee, die seither niemand mehr aufgegriffen hat. Vielleicht ist Peter Gabriel dem nahe gekommen, er ist ein ziemlich innovativer Typ.

Etwas das mir wirklich sehr leid tut, ist, dass wir es nie gefilmt haben. Der Grund warum wir es nicht taten war der, dass Sony damals voll gestopft mit totalen Arschlöchern war. Ich entdeckte damals einen Paragrafen, in meinem Vertrag, in welchem stand, dass wenn ich ein Konzert filmen lassen würde, sie 25% der Einnahmen Einstreifen würden. Ich sagte zu ihnen: „Ihr wollte mich wohl verarschen? Wenn ich einen Film mache und ihr bringt es raus, bekommt ihr 25% dafür? Obwohl ihr nichts investiert habt?“ Ja, lautete Sonys Antwort darauf. Gut dann werde ich es nicht machen. Das ist der Grund dafür warum es keinen Radio Kaos Film gibt. Was sehr traurig ist, weil es ganz schön spektakulär gewesen ist.

Bei den Interview fragen aus dem Publikum mussten wir sehr aufpassen, dass nicht jemand eine total blöde Frage stellt. Andrew Zweck, mein Tourdirektor seither, hat die Fragesteller davor so gut es ging durchleuchtet.

Was denkst du aus heutiger Sicht über “Amused To Death”?

Roger Waters: “Amused To Death” ist der letzte Klassiker. Meine persönliche Sichtweise ist folgende. Ich denke, dass “Dark Side of the Moon” und “The Wall”, die zwei Klassiker sind, die ich mit David, Nick und Rick gemacht habe. “Amused” habe ich jedoch nicht mit ihnen gemacht. Meiner Meinung nach ist es das andere großartige Werk das ich gemacht habe.

Ich habe das starke Gefühl, dass ein Nachfolgealbum gerade im entstehen ist. Ich habe während dieser Tour einen Song geschrieben. Ich möchte jetzt nicht zu sehr ins Detail gehen, kann aber ein wenig vom Text mit dir teilen. Auf alle Fälle spüre ich, dass mich dieser Text zu einem neuen Album führen wird. “Amused To Death” war beeinflusst von Neil Postmans Buch. Der Titel meines Albums kam von seinem Buch.

“I’ve got a strong feeling that I’ve got a new album literally about to pop out. I’ve written a song while I was on the road… which will provide me with the impetus, emotionally, philosophically, and politically to create a new album.”

The Wall Live DVD

Anrufer: Inspirieren dich die The Wall Konzerte? Wird es neues Material geben? Und wird es von dieser Tour ein Video geben?

Roger Waters: Wir haben während der Tour fast alles gefilmt. Wir haben eine Woche gefilmt, als wir Konzerte in Athen gaben. Wir haben überall in Südamerika gefilmt. Ja eine DVD dieser ganzen Erfahrungen wird in der nahen Zukunft herauskommen.

Comfortably Numb

Der Song „Comfortably Numb“ beruht auf einer Erfahrung die du einmal durchleben musstest!

Roger Waters: Ja ich glaube so war es. Ich denke, das war im Spectrum in Philadelphia. Ich hatte Bauchschmerzen und fühlte mich elend. Also kam ein Arzt ins Hotel, um mir zu helfen, damit ich beim Konzert auftreten konnte. Er füllte mich mit irgendeinem eigenartigen Muskelrelaxanz ab. Ich verspreche dir, wäre ich ein Elefant gewesen, ich wäre davon umgefallen. Ich spielte  das Konzert, konnte aber dabei kaum meine Lippen bewegen, das war ein sehr eigenartiges Gefühl. Daher kommt das Doktor-Ding, es basiert auf dieser Geschichte.

Anrufer: Ich wollte fragen ob du oder die anderen daran gedacht habt, weitere Alben, im speziellen “Animals”, als Immersion Box-Set in der Zukunft zu veröffentlichen.

Roger Waters: Das würde mich überhaupt nicht überraschen. Es ist aber etwas mit dem ich nicht sehr viel zu tun habe. Ich habe hart an dieser Tour gearbeitet, also ich hatte nicht mit dem zu tun. Ich habe aber einige emails herum fliegen gesehen, in denen es um alles mögliche, Audio und visuelles Material aus den früheren Zeiten ging und welches vielleicht veröffentlicht werden wird. Kapitän Mason ist mit all dem alten Zeug bestens vertraut. Es ist nicht wirklich mein Fachgebiet. Aber danke für deine Frage.

Neuer Song neues Album

Roger Waters: Ich habe über die letzten Monate hinweg einen neuen Song geschrieben, welcher möglicherweise die Mitte, nicht die Mitte sondern der Startpunkt für ein neues Album, mein erstes seit 20 Jahren, ist. Der Titel des Songs lautet “If I Had Been God”. Ich werde dir nicht mehr darüber erzählen, aber ich lese dir einen der Verse vor.

If I were a drone patrolling foreign skies
With my electronic eyes for guidance
And the element of surprise
I would be afraid to find someone home
Maybe a woman at a stove
Baking bread, making rice or just boiling down some bones
If I were a drone

Lay down Jerusalem
Lay your burden down

Übersetzung: Werner Haider, Thanx to: rontoon, A Fleeting Glimpse, The Doctor