David Gilmour Interview Mojo 1995
Ein Blick zurück. Hier nun David Gilmour Mojo Interview. Rick Wright´s Interview brachten wir vor kurzem, er sprach über die 70er Jahre der Band. Gilmours Interview bleibt hauptsächlich bei der The Division Bell Tour 1994.
Rückblickend auf Pink Floyds Herkunft in den 60iger Jahren und euer Überleben bis in die Ära Thatcher und Ronald Reagan, in der die Band selbst zur großen Industriemaschine wurde, glaubst du, dass ihr Teil des sogenannten „Geldgier Tour“ Syndroms geworden seid?
DAVID GILMOUR: Ich sehe keinen Grund mich dafür zu entschuldigen, dass ich mit Musik Geld verdiene. Das ist nun mal unser Beruf. Es war immer unsere Absicht, Erfolg zu haben – mit all seinen Konsequenzen. Ich persönlich bin der Meinung, dass unsere Musik einfach in größere Hallen und Stadien passt. Ich war nie ein Befürworter von Thatcher oder Reagan, aber ich bin auch nicht soweit nach links geneigt oder so sozialistisch, dass ich kein Geld mehr verdienen darf. Beispielsweise unsere Tourneen vor 1987 mit Roger, wir hatten immer einige finanzielle Probleme, und wir wollten Geld verdienen. Im Jahr 1987 mussten Nick und ich tief in unsere persönlichen finanziellen Ressourcen greifen, um uns wieder ganz nach oben zu bringen. Wir wollten auf der ganzen Welt siegreich sein, wir wollten allen zeigen, dass wir mit unserer Karriere wieder zurück im Geschäft waren. Ich glaube, es gibt niemanden, der soviel vom Profit in eine perfekte Show investiert wie wir. Unsere Einkünfte sind sehr groß, aber ich wette mit dir, dass unsere Gewinnspanne im Vergleich zu vielen anderen viel geringer ist.
Was hältst du von Tour Sponsoring?
DAVID GILMOUR: Wir haben Volkswagen als Sponsor unserer Europa Tournee 1994 akzeptiert, zum ersten Mal in unserer Geschichte. Ich gebe zu, nicht gründlich genug darüber nachgedacht zu haben, ich fühlte mich alles andere als wohl mit dieser Situation. Die Treffen mit Volkswagen Gästen, das Händeschütteln, nein – das war nicht nach meinem Geschmack. Ich will nicht, dass sie unseren Erfolg auch nur irgendwie mit Volkswagen in Verbindung bringen. Wir werden es nicht wieder tun, wir sollten als unabhängige Gruppe in Erinnerung behalten werden, so sehe ich das und so wird es in Zukunft bleiben.
Warum hast du es zugelassen, dass die Firma Nurofen euer “Great Gig in the Sky” in einem Werbespot verwendete?
DAVID GILMOUR: Rick hat die Musik komponiert, er hat es für Nurofen überarbeitet. Die Rechte liegen nun mal beim Autor, wäre mein Name als Autor aufgeführt gewesen, hätte ich es verhindert. Aber da Rick das Sagen hatte, ist es ganz alleine seine Sache.
Eine andere Geschichte über Geld und Pink Floyd: Ist es wahr, dass ihr in Silber bezahlt wurdet für eure Konzerte in Moskau?
DAVID GILMOUR: Ich glaube nicht! Als wir dort 1989 spielten, stellte uns die russische Regierung eine großes Transport Flugzeug zur Verfügung. Wir konnten damit unser Equipment von Athen nach Moskau schaffen, außerdem bekamen wir noch Hotelzimmer und solche Dinge zur Verfügung gestellt. Aber sie konnten uns nur einen geringen Dollarbetrag zahlen, deshalb kam es zur Diskussion, ob wir in Kaviar bezahlt werden sollten. Wir machten Witze darüber, es gab kein Silber. Wir haben Geld dort verloren, das ist alles, was es zu dieser Geschichte zu erzählen gibt. Wir haben für dieses Ereignis bezahlt, wir dachten uns, wenn wir schon in Russland spielen, dann auch mit der Full Mega Show. Auch bei anderen Konzerten verloren wir Geld, z.B. in Venedig.
Siehst du, wenn wir eine Tournee planen dann wissen wir schon ganz genau, wo wir Geld verlieren werden, Venedig oder Moskau sind nur Teile der Geschichte. Wir könnten darüber auch den Mantel des Schweigens werfen. Aber das gehört alles zu Pink Floyd, lasst uns das Konzert spielen, nicht alles wird aus Profitgier gemacht. Tut mir leid wenn ich mich selbstverteidigend anhöre, aber wir sind zu diesem Thema des öfteren mit Flakfeuer beschossen worden.
Inmitten aller großen Geschäfte und Effekte, wenn es darauf ankommt, dass du singst und Gitarre spielst, was gibst Du und was bekommst Du zurück?
DAVID GILMOUR: Ich gebe mein Lebensblut in dieses Projekt. Aber Pink Floyd bin nicht ich alleine. Ich bin gebunden an die Wünsche, Träume, Einstellungen und Meinungen anderer Menschen. Die ganze Sache ist ein konstanter Kompromiss von Idealvorstellungen mit der Kunst. Dieser Tage habe ich mehr zu sagen als sonst jemand, es ist so eine Art Leistungsgesellschaftsorganisation. Ich produziere das Meiste – Lieder, Musik und die Richtung. Diese Position ist mir zugefallen ich habe sie nicht gewählt.
Okay, wir wissen das du ein „Team Player“ bist. Kannst du uns den Begriff Lebensblut näher erklären?
DAVID GILMOUR: Ich weiß nicht was du von mir hören willst … nicht das ich darüber nicht reden möchten, vielleicht kann ich mich verbal nicht so ausdrücken, wie ich es durch meine Gitarre und den Gesang kann.
Zurück auf die Bühne, der Schmelzpunkt.
DAVID GILMOUR: Ja du sagst es. Aber der Prozess im Aufnahmestudio ist mindestens so wichtig, vielleicht sogar wichtiger. Es kann sehr frustrierend und befriedigend sein. Du entwickelst etwas, das dir seit Tagen im Kopf herumschwirrt. Und wenn du den Klang so hingebracht hast wie du ihn im Kopf gehört hast, dann denkst du; ja – das wird zu den Leuten rüberkommen. High Hopes – auf dem letzten Album, habe ich in kürzester Zeit geschrieben, meine jetzige Frau Polly schrieb den Text. Ich ging ins Studio ganz allein, spielte alle Instrumente und nahm ein Demoband auf, alles an einem Tag. Am Ende des Tages, als ich aus dem Studio kam, fühlte ich mich verdammt phantastisch. Dieser Moment der Freude und der Stolz, es geschafft zu haben, ein absolut magisches Gefühl. Auf der anderen Seite natürlich gibt es dann die Songs, bei denen es nicht ganz so gut gelungen ist, aber ich werde dir keine Titel nennen.
Du beschreibst die Intimität des Schreibens von High Hopes, trägst es dann aber in eine Umgebung die alles andere als Intim ist. Vielleicht 50.000 Menschen vor Dir, während eines Konzertes..
DAVID GILMOUR: Wir haben die beste Verstärkeranlage der Welt, wir haben den räumlichen Klang, aber es ist nicht ein Club, das Publikum sieht mich nicht so nah wie du es jetzt tust. Es ist nicht diese Art von Intimität, das weiß ich. Ich bin nicht sehr begeistert von kleinen Auftrittsorten. Ich empfinde diese beängstigender als große Hallen oder Stadien. Meine Idealvorstellung ist zwischen 10.000er und 100.000er Schauplätzen zu wechseln. Bei der letzten Tournee, aus verschiedenen Gründen möglicherweise, weil ich nicht zuhörte, um mich auf die Fertigstellung des Albums The Division Bell zu konzentrieren, sah es so aus, als ob wir nur in großen Stadien spielten. Das gefiel mir nicht, im Earls Court und seiner intimen Atmosphäre zu spielen, war ein schöner Abschluss der Tournee.
Du sprichst vom Earls Court als ob es der Marquee Club wäre!
DAVID GILMOUR: Für uns war es so, und es war sagenhaft.
High Hopes im Earls Court zu spielen, ein Lied von außergewöhnlicher Intimität, geschrieben mit deiner Frau, wo warst du während du es gesungen hast?
DAVID GILMOUR: Ich bin in einem Kokon. Ganz und gar eingesperrt in einem Kokon. Und wenn du es so gut als möglich machst, dann wird es die Menschen erreichen. Aber ich ziele nicht auf eine bestimmte Person im Publikum, während ich singe denke ich überhaupt nicht an sie. Alles spielt sich in meinem Kopf ab. Die meiste Zeit habe ich meine Augen geschlossen, konzentriere mich auf das Singen und Sprechen der Wörter, dass sie dadurch auch die Bedeutung bekommen, die sie haben sollen. Es kann sehr schnell passieren, dass wenn man für Monate auf Tournee ist, dass man die Bedeutung des Textes, der Wörter und Silben vernachlässigt oder gar vergisst. Wenn ich Texte von Roger´s Kompositionen singe, dann erscheint es mir sehr wichtig, diese mit jeder Silbe zu betonen und ernst zu nehmen. Das musst du mir glauben.
Übersetzung von Werner
Wenn man das so liest könnte man meinen, er hat zu dem Zeitpunkt noch nicht gewußt, dass es Ihre letzte Tour gewesen ist.
Würd mich echt mal interessieren, ab wann er keine Lust mehr gehabt unter dem Namen Pink Floyd Musik zu machen. Wir werden es wohl nie erfahren, schade.
Komisch ist dass er damals nicht begeistert war, von kleinen Auftrittsorten. Zuletzt spielte er ja öfters in intimerer Umgebung.